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Richard Strauss - Die Liebe der Danae 

Libretto - Joseph Gregor

Personen: 
KOMMANDANT der belagerten Stadt (Bariton) 
MARIA, sein Weib (Sopran) 
WACHTMEISTER (Bass) 
SCHÜTZE (Tenor) 
KONSTABEL (Bariton) 
MUSKETIER (Bass) 
HORNIST (Bariton) 
FRONTOFFIZIER (Bariton) 
Ein PIEMONTESER (Tenor) 
Der HOLSTEINER, Kommandant der Belagerungsarmee (Bass) 
BÜRGERMEISTER (Tenor) 
PRÄLAT (Bariton) 
FRAU aus dem Volk (Sopran) 

Soldaten des Kommandanten der belagerten Stadt und des Holsteiners 
Stadtobere und Frauen aus der Deputation an den Kommandanten 
Volk


EINZIGER AKT 

Kreisrunder Saal in der Zitadelle. Den Raum umschliesst in Manneshöhe ein Gang, in dem die Schiessscharten liegen. Eine Treppe führt zum höheren Stockwerk der Feste empor, eine zweite in die Tiefe. Überall Riesenmauern, mittelalterlich, neu bezogen zum Zwecke des neuen Krieges. Wo das Gemäuer klafft, ist es flüchtig mit Stein und Holz wiederhergestellt. Die Wache an einem grossen Eichentisch. Verwitterte, mar-tialische Gestalten in Lederkollern und Helm. Sie sind regungs-los, man weiss nicht, ob sie schlafen oder nur erstarrt sind vor Müdigkeit und Entbehrung. Auf dem Tisch Zinnkrüge, aber kein Becher. Das Feuer, ihnen im Rücken, beleuchtet sie mit schwachem Schein. Sie sind von ihren gewaltigen Waffen um-geben, Musketen, Schwertern, Bihändern, einige haben den Kürass abgelegt. Anbrechender Morgen. Erstes Blau aus den Schiessscharten, seltsam vermischt mit dem dunkelroten Schein des ersterbenden Feuers 

WACHTMEISTER 
alter, grauhaariger Soldat in voller Waffenrüstung, auf seiner Runde oben an den Scharten. Bei einem Schützen macht er halt, der tief in die Nische gedrückt ist und hinausspäht 
Hast was gesehn? 

SCHÜTZE 
jüngerer Mann, ohne Gewehr 
Morgen dämmert. Verblasst die rote Säule weit im Osten. Flamme zerstiebt in Rauch und Staub. 

WACHTMEISTER 
Bedeutet nichts. Nur Feuer ward gelegt an ein Gehöft. 

SCHÜTZE 
Bedeutet nichts ... 

WACHTMEISTER 
Nein, nein. Der Feind will sagen: bin noch da. Will zeigen: hab noch Macht, da draussen. 

SCHÜTZE 
Verbrannt ward ein Gehöft. Aus flammendem Tor, geblendet, stürzt das Vieh, der Bauer folgt, gebeugt am Stock, ohne Laut der Klage. Sie ziehen übers leere Feld und in die Nacht. 

WACHTMEISTER 
hört kopfschüttelnd und missbilligend zu. Mit Beziehung auf die unten Sitzenden 
Das - soll Wache sein? 

SCHÜTZE 
Wache ohne Ablösung mehr. Ohne Ruh und Rasttag. Kein Trunk mehr in der Kann. Kein Futter mehr für Mann und Tier. Wie soll das enden? 

WACHTMEISTER 
Auf Seine Gnaden acht, den Herrn und Kommandanten! In voller Rüstung blieb er heut die ganze Nacht an seinem Tisch. Die Kerzen sind längst herabgebrannt, ich sahs auf meiner Runde. Und regungslos blickt er auf Karte und Papier. Tu deine Pflicht wie er - so endet das. 
Wachtmeister setzt seinen Rundgang fort. Der Schütze wendet sich wieder den Scharten zu und sieht durch diese und jene ins Freie. Zunehmende Morgenbläue 

PIEMONTESER 
ganz junger Bursch, singt unten bei der Wache aus dem Schlaf 
La rosa, che un bel fiore 
come la gioventù, 
nasce, fiorisce, more, 
e non ritorna più. 

KONSTABEL 
bartlos, Mitte der Vierzig, fährt unten auf 
Wer singt da? 

SCHÜTZE 
Der junge Bursch, der Italiener, der heute nacht sich einschlich mit des Kaisers Brief. - Hat seinen Weg gemacht durch fünfzigtausend Mann! Durch Sturmböck, Pulverkörb und schwere Stücke! Durch des Holsteiners ganze Belagerungsarmee. 

PIEMONTESER 
E non ritorna piü. 

KONSTABEL 
weich 
Wächst, blüht und kehrt nicht wieder? Diese Nacht träumte mir, ich wär in einem Garten. 

MUSKETIER 
derber 
Ich hab vom Wein geträumt. 

SCHÜTZE 
Der Piemonteser hat euch behext. Hat nie was vom Krieg gesehn. 

PIEMONTESER 
La piccola Pedretta 
cantava dolce assai ... 
Poi se n'andò solett 
e non tornò più mai. 

MUSKETIER 
Was singst du, fremder Bursch? 

PIEMONTESER 
Così dolce fanciulla 
cantando se non sta. 

KONSTABEL 
Vom Mädel in der Heimat. Kein Lied für uns. Wie lang ists her, dass wir nicht Frauen sahn? 

MUSKETIER 
lachend 
So lang, als uns der Wein fehlt! - Länger! 

KONSTABEL 
Nichts als hohlwangig Volk da unten in der Stadt. Vetteln, verhungert wie der Tod. 

MUSKETIER 
rüttelt den Italiener 
Du, reiz uns nicht mit deinem Liedel! Wir haben Durst! 

PIEMONTESER 
A sera poi più nulla 
un bacio e se ne va… 

KONSTABEL 
Ein Kuss, o Gott! 

SCHÜTZE 
Hat nie was vom Krieg gesehn. In seiner Heimat ist Friede. 

MUSKETIER 
Was ist das: Friede? 

HORNIST 
Wer soll das wissen? In meinem zehnten Jahr lief ich den Soldaten nach. 

SOLDATEN 
verschiedene 
Und ich! Und ich! Und ich! 

SCHÜTZE 
böse züm Italiener 
He du, was ist das: Friede? Dreissig Jahr will man es wissen! 

PIEMONTESER 
O madre santissima, a casa, a casa! 

KONSTABEL 
Von seiner Mutter redt er - nicht vom Frieden. 

MUSKETIER 
roh 
Wenn Friede Wein ist und Weiber in einer reichen, frisch eroberten Stadt, dann soll er mir gefallen! 

CHOR 
mit Solisten 
In deiner Heimat ist Friede, sag? 
Wovon leben die Menschen, wenn nicht von Sold? 
Was begehren die Menschen, wenn nicht das Gold? 
Ziehn die Scharen nicht durchs Land? 
Sind Feuer und Schwert dort unbekannt? 
Ist der Bischof nicht Feind der freien Stadt? 
Und neidet nicht jeder, was keiner hat? 

PIEMONTESER 
wimmernd 
E non ritorna più. 

MUSKETIER 
Weiss nichts. Versteht uns nicht. Ein feiger Bursch. 
Die Soldaten sind jetzt vollkommen munter, rühren sich, putzen sich, sehen nach Rüstung und Gewehr. Keiner beachtet mehr den Piemonteser 

SCHÜTZE 
Was weiss denn der? Was wissen wir? Kirchen gesprengt, Häuser verbrannt ... 

CHOR 
mit Solisten, Soldaten beginnen summend 
Der Hinz schwört auf die Bibel, 
der Kunz schwört aufs Gewehr, 
die haben sich verloren 
und finden sich nicht mehr. 
Hat nur aufs Wort geschworen - 
wir aber auf die Ehr! 
So schlagen wir ihn nieder, 
als wenns der Teufel wär. 

CHOR 
Volksmenge, aussen, sehr entfernt hinter der Szene 
Hunger! 

SCHÜTZE 
Ich höre was. 

KONSTABEL 
Nur Widerhall von eurem dummen Singen ! 

CHOR 
Brot! 

WACHTMEISTER 
erscheint oben wieder 
Wache! Eure Pflicht! 

CHOR 
näher 
Hunger! 

WACHTMEISTER 
Da singt ihr! Aber meine alten Augen müssen sehn ... 

HORNIST 
Ich sehe nichts. 

MUSKETIER 
Ich sehe ein paar graue Ratten wimmeln. 

WACHTMEISTER 
Zweitausend, dreitausend stürmen das Festungstor! 
Her von der Stadt! 

SCHÜTZE 
Der Feind? 

WACHTMEISTER 
Ärger. Der Feind im Land. An die Gewehre! 

MUSKETIER 
Wer schiesst auf Ratten! 

WACHTMEISTER 
Ist aber verboten, dass ein andrer als des Soldaten Fuss die Bastion betritt. 

KONSTABEL 
Das Karlstor hält. 

CHOR 
aussen, sehr stark 
Hunger! Brot! 

WACHTMEISTER 
Ist offne Rebellion! Laden! 

HORNIST 
lacht 
Am Karlstor stehn die kaiserlichen Jäger und schlagen sich mit Ratten! 

MUSKETIER 
Einer tritt vor mit der Piken. Das ist der Veitenburger. 

SCHÜTZE 
Schäm dich, Veitenburger! 

WACHTMEISTER 
Nimm dich in acht, Schütz! 

MUSKETIER 
Bravo, hat schon geschlagen! 
Von fern allgemeiner Aufschrei des Volkes. Unmässiges Gelächter der Soldaten 
Das Karlstor biegt sich mächtig ... 

WACHTMEISTER 
Das wird doch nicht… 
dumpfer Knall und unklares Stimmengewirre 

SOLDATEN 
Das Tor ist auf! Sie kommen! Sie kommen! Sie kommen! 

WACHTMEISTER 
Zielen! 
alle Soldaten folgen 

CHOR 
immer deutlicher 
Hunger! Hunger! 

OFFIZIER 
springt die Treppe herauf 
Halt! Wer kommandiert? 

WACHTMEISTER 
meldet 
Hauptwache, vierzehn Mann. Es ist verboten, dass ein andrer als des Soldaten Fuss ... 

OFFIZIER 
winkt ab 
Der Bürgermeister dieser Stadt mit seinen Obern, der Prälat mit seiner Geistlichkeit erbitten sich Gehör mit allem Volk. 

WACHTMEISTER 
Erzwingen sich Gehör.. . das Haupttor aber hält. 
zu den Soldaten 
Wegtreten von den Scharten! An die Stufen! 
Die Soldaten flankieren als Wache die aus der Höhe herabführende Treppe 

Trauermarsch 

Wie eine Gespensterschar heben sich die Mitglieder der Deputation aus der Tiefe. Der Bürgermeister, alt, rüstig, mit ver-wirrtern Haar. Der Prälat, sehr alt, gestützt. Die Stadtobern , armselige Gestalten, und ein paar Weiber. Sie sind verwirrt durch die Umgebung und sehen sich ängstlich um. Die Soldaten, auf ihrer Seite, blicken neugierig auf die traurige Gruppe. Plötzliches Aufstossen der Waffen auf den Boden. Offizier und Wachtmeister reissen die Hüte ab. Der Kommandant auf der Höhe der Treppe. Ein schöner Mann, etwa fünfzig, schwarzes Kleid, darüber schwarzes Koller und Kette. Seine Rechte hält ein Dokument fest an die Brust gepresst 

CHOR 
aussen, nah und stark 
Hunger - Brot! Hunger - Brot! 

KOMMANDANT 
Hier ist des Kaisers Boden. Was verlangt ihr? 

CHOR 
...

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